Chronik

Geschichte des Heimatschutzverein Siddinghausen 1828 e.V.

So zahlreich auch die Quellen und Bächlein durchs idyllische Almedorf Siddinghausen plätschern, so spärlich fließen die Quellen, die uns Aufschluss geben über die historischen Anfänge der Siddinghäuser Schützen.

Die Gründungszeit der meisten Schützengesellschaften liegt wohl meist im Dunkeln. Wahrscheinlich ist sie in den Städten früher anzusetzen, als in ländlichen Gebieten. Schriftgut aus der Frühgeschichte der Schützen ist jedenfalls Mangelware in Siddinghausen. Vielleicht bringt es weiter, den Blick auf die alte Bausubstanz des Dorfes zu richten. Deutlicher Wehrcharakter hat zweifellos der Turm der St. Johannes Pfarrkirche. Er ist der älteste Teil des Gesamtbauwerks und hat besonders dicke Wände. Früher hatte die Kirche ein sehr kleines Portal im Westen, denn bei Gefahr konnte dieses besser verriegelt werden. Schutzfunktion hatte zweifellos auch der Ring von dicken Mauern rund um das Gotteshaus.

Es ist nicht überliefert, wie die Personen, die im Ernstfall diese Anlagen verteidigten, organisiert waren. Vermutlich hat es sich aber um eine Bürgerwehr gehandelt, die Zufluchtsuchende beschützte. Weil es häufig keine verlässliche staatliche Ordnungsmacht gab, die Sicherheit gewährte, mussten sich die Menschen selbst helfen.

Jedenfalls existiert in der Gemeinde seit nunmehr 165 Jahren ein Schützenverein, der wie fast überall der älteste Verein des Dorfes überhaupt ist. Während dieser Zeit wurden – bis auf einige kriegsbedingte Unterbrechungen – alle satzungsmäßigen Aufgaben stets wahrgenommen.

Der 2. Weltkrieg hatte die Aktivitäten des Heimatschutzvereins in Siddinghausen unterbrochen. Nach Kriegsende waren Veranstaltungen wie Schützenfeste durch alliierte Gesetze verboten. Offiziersdegen und Gewehre waren vernichtet und hätten auch nicht getragen werden dürfen. Ein Schützenfest im gewohnten Sinne hätte auch nicht gefeiert werden können.

„In vielen Familien“, so klagt der Chronist, „trauerte man noch um die im Krieg gefallenen Angehörigen“. Längst waren noch nicht alle Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft zurück, insbesondere aus Russland, heimgekehrt. Viele galten als vermisst. Hinzu kam wirtschaftliche Not in mancher Familie. Das Geld war wertlos; nur, wer Naturalien besaß, konnte tauschen. Der Schwarzmarkt blühte.

Juni 1947 – Seit mehr als hundert Jahren hätte der Schützenverein im Johanni (24. Juni) sein Schützenfest gefeiert, so fährt der Chronist fort. Aus der genannten Gründen wäre es in diesem Jahr nicht möglich.
Jedoch, so stellt er fest, erlaut waren sportliche Veranstaltungen. Der Sportverein Blau-Weiss Siddinghausen hatte die Fußballmannschaften aus den Nachbarorten eingeladen. In einem Sportlerzug unter Vorantritt der noch schwachen Musikkapelle Siddinghausen ging es von der Schützenhalle durch das Dorf zum Sportplatz bei der Mühle. Nach den sportlichen Veranstaltungen wurden abends in der Dorfhalle getanzt. Es kamen Erinnerungen an frühere Schützenfeste auf. Friedrich Manns, der sich in besonderem Maße um den Sport verdient gemacht hatte, hatte die Idee, einen zweiten Tag zu feiern und einen Sportkönig zu ermitteln. Julius Schäfers baute eiligst einen Adler, und am Montag wurde auf dem Sportplatz bei der Mühle bereits der Sportkönig ermittelt. Der Vogel musste mit Holzscheiten abgeworfen werden. Mann hatte allerdings eine doch wohl reichlich lange Stange aufgestellt.Als viel junge Männer bereits lahme Arme hatten, gelang es Josef Müller doch noch, den Vogel von der Stange zu holen. Königin wurde Gustel Moers.

Die Hofdamen wurden von Friedrich Manns bestimmt. Es kamen nur Mädchen in Frage, die sich auf dem sportliche Sektor bestätigt hatten. Gegen Abend fand ein Festumzug durch das Dorf statt mit anschließendem Tanz in der Schützenhalle. Obwohl zu diesem Fest im Dorf eine sehr geteilte Meinung bestand, drängten doch viele dazu, im kommende Jahr wieder ein Schützenfest zu feiern. Die Vorbereitungen dazu wurden in Angriff genommen. Ferdinand Schmücker fungierte als Schützenoberst; Wilhelm Burdick übernahm die Rolle eines Schützenhauptmanns.

Juni 1948 – Währungsreform und Deutsche Mark waren die Schlagworte. Die Reichsmarkwährung bestand  nicht mehr. 1:10  wurde aufgewertete, Jeder bekam zunächst 40 DM Bargeld ausgezahlt. Natürlich waren kurz nach diesen Ereignis noch keine Waren käuflich zu erwerben. Also mussten auch die Getränke zum Schützenfest (selbstgebrannter Schnaps) mitgebracht werden. Erstaunlich war nur, dass von diesen zweifelhaften Getränken niemand erblindet oder sonstige gesundheitliche Schäden davontrug. 

Der Festzug am Sonntag glich schon sehr den früheren Umzügen. Woher auch immer, es waren festliche Kleider und Anzüge vorhanden, die auch festliche Stimmung vermittelten. Die Schützenhalle war total überfüllt. Alle wollten feiern  und tanzen. Acht Jahre war dazu keine Gelegenheit gewesen. Am Montag wurde wieder auf dem alten Sportplatz der Vogel abgeschossen. Ja, diesmal mit einer Armbrust, die Thöne aus Weine besorgt hatte. Johannes Wordehöff war der Treffsicherste und wurde König. Zur Königin erkor er sich Josefine Happe (Schölers). Obwohl noch vieles improvisiert werden musste, war das Schützenfest 1948 ein gutes Fest. Die Schenke hatte August Ledebur (Schreiners).

Juni 1949 – Die Währungsreform von 1948 war ein voller Erfolg. Fast alles konnte man wieder kaufen. Wirtschaftlich ging es stark bergauf. Schützenfest 1949 war keine Frage mehr. Mit viel Arbeit an der Halle wurde es vorbereitet. Der Festzug am Sonntag hatte unzählige Menschen aus dem heimischen Raum angelockt. Beim Tanzen in der Halle drohte der Tanzboden zu zerbrechen. Deshalb musste mit langen Seilen immer wieder etwa die Hälfte der Tanzenden auf das Trinkzelt abgedrängt werden. Ansonsten war es ein sehr gelungenes Fest. Am zweiten Schützenfesttag errang Franz Luis die Königswürde. Königin wurde Elisabeth Hillebrand. Bereits vier Jahre später –  acht Jahre nach Kriegsende – konnte der wieder leistungsstarke Heimatschutzverein das fällige Jubiläum des 125-jährigen Bestehens gebührend feiern.

Ein glanzvolles Fest gab es im Jahre 1978 anlässlich des 150-jährigen Bestehens. Im selben Jahr hat die Gemeinde im Kreiswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden den ersten Platz errungen, und so prangte das Dorf in einem doppelten Festschmuck. Das Königspaar Rudolf und Maria Hillebrandt stand einem Fest vor, das die Ausmaße einer Großveranstaltung  hatte.

Hunderte von Gästen säumten bei strahlenden Wetter die Strassen des Ortes, als der Siddinghäuser Heimatschutzverein mit einem festlichen Umzug unter Beteiligung von vielen Abordnungen der Schützenbruderschaften aus Nachbarvereinen sein Jubiläumsfest feierte. In seiner Ansprache betonte Oberst Ferdi Ebers, dass sich aus den kleinen Anfängen vor 150 Jahren heraus ein Schützenwesen in Siddinghausen entwickelt habe, das die Ideale der Gründerväter auch in der Gegenwart bewahre. 

Beweisdokument für das 150-jährige Bestehen des Vereins war eine in früheren Jahren in der Pfarrkirche gefundenen alten Schützenfahne mit der eingestickten Jahreszahl 1828.

Kunstexperten datieren allerdings die Stickerei, die Johannes den Täufer zeigt, in das frühe 16. Jahrhundert. Demnach ist anzunehmen, dass in der Gemeinde schon zu Gründerzeit des Schützenvereins eine Schützengilde bestanden hat. Da dies aber urkundlich nicht festzuhalten ist, hielt der Verein am Jahr 1828 fest.

(Quelle: Festschrift zum 36. Kreisschützenfest in Siddinghausen, Herausgeber: Heimatschutzverein Sidddinghausen, Autor: Paul Rohde)